Menschen

Josef Loretan

«Ich habe von Hand einige Aquarell-Studien gemacht»
Josef Loretan, geboren 1962 in Brig, ist Grafiker und Bildhauer. Er lebt heute in Bern, ist Dozent an der Hochschule der Künste Bern und seit 2016 Lehrer an der Neuen Schule für Gestaltung Bern. Zahlreiche Werke im öffentlichen Raum zeugen von seinem Schaffen. Josef Loretan ist Vater von drei Kindern und arbeitet in seinem Atelier in den VIDMARhallen in Köniz.

«Im März 1989 gab es einen kleinen Wettbewerb fürs Logo der Alpen-Initiative. Die Leute von der Oberwalliser Gruppe für Umwelt und Verkehr OGUV fragten mich an, ob ich etwas entwerfen könne. Konkret erhielt ich dann eine Einladung von Reto Gamma vom Initiativkomitee. Ich hatte nur gerade 10 Tage Zeit für einen ersten Entwurf. Mein Vorschlag überzeugte dann offenbar am meisten.

Natur und Berge, Gletscher und Schnee haben mich schon immer fasziniert, das sieht man bis heute in meinen Arbeiten als Künstler. Ich bin in Brig aufgewachsen. Bevor die Alpen-Initiative gegründet wurde, hatte sich die OGUV intensiv mit der geplanten Führung der Autobahn im Wallis beschäftigt. Es ging um die Umwelt, die bedroht war. Ich engagierte mich ebenfalls, indem ich mit meinen Talenten für die umweltpolitischen Anliegen Partei ergriff.

Andreas Weissen, der im Wallis für die Idee einer Alpen-Initiative einstand, hatte ich über meinen älteren Bruder kennengelernt. Weil ich eine Ausbildung als Grafiker hatte, hatte mich die OGUV schon für Plakate und andere Illustrationen angefragt. So konnte ich einiges gestalten, zum Beispiel auch für die Rote Anneliese, der alternativen Zeitung im Wallis. Wir tourten zudem mit einem Strassentheater – mit Ross und Wagen – von Ort zu Ort durchs Oberwallis und warben für eine alternative Linienführung der A9. Schliesslich wurden die Vorschläge der OGUV zu 80 Prozent übernommen.

Nach meiner Lehre als Grafiker in Brig war ich in Emmen bei einem Steinbildhauer. Danach an der Hochschule Luzern Design & Kunst und für weitere drei Jahre an der Kunstakademie in Frankfurt. Bei der Lancierung der Alpen-Initiative in der Schöllenenschlucht war ich dabei. Wir hatten uns auf das Spektakel gefreut, als Künstler mag man es, wenn etwas läuft. Wir waren mit Leidenschaft und Idealismus dabei. Ich war zuständig für die Knall- und Rauchkörper, die wir beim Umzug mit den gemalten Lastwagen und dem tanzenden Teufel benutzten. Wir wussten, dass die Medien mehr als eine trockene Botschaft brauchen, wenn unser Anliegen wirksam vermittelt werden soll.

Vorgaben fürs Logo hatte ich keine, ausser dass der Titel der Organisation «Iniziativa da las Alps» auf Rätoromanisch erscheinen soll und das Signet sowohl schwarz-weiss als auch farbig verwendbar ist. Für mich war schnell klar, dass eine stilisierte Bergkette unsere Anliegen für den gesamten Alpenbogen am besten transportiert. Die Wolken stehen für die saubere Luft und sind perspektivisch so angeordnet, dass sie die Nord-Südachse sichtbar macht. Ich habe von Hand einige Aquarell-Studien gemacht, das ging noch nicht am Computer. Im weiteren Verlauf habe ich dann die Skizzen immer weiter vereinfacht. Das Blau habe ich gewählt, weil es die Farbe des Himmels zeigt und frisch daherkommt.

Nach einigen Jahren sollte das Logo etwas vereinfacht werden. Das habe ich dann auch machen dürfen. Es gab aber einige Diskussionen, ob die Wolken ganz verschwinden sollen oder nicht. Jetzt sind sie noch da, so wie ich es wollte. Wie es scheint, hat sich das Logo bis heute bewährt, das freut mich. Ich habe auch anderes für die Alpen-Initiative gestaltet, so auch den Ballon fürs 10-Jahr-Jubiläum. Da habe ich ebenfalls von Hand gezeichnet und die Bergsilhouette des Logos rund um den ganzen runden Ballonkörper gezogen. Gefahren bin ich dann aber nicht mit dem Ballon.

Ich verfolge bis heute, was die Alpen-Initiative macht. Umweltanliegen lagen mir immer am nächsten, obwohl wir in den 1980er-Jahren auch viel über Menschenrechte, Entwicklungs- und Friedenspolitik diskutierten. Das Problem des stetig zunehmenden Verkehrs ist für mich heute noch gleich aktuell wie damals. Aber die ganze Thematik scheint etwas vergessen zu sein, sonst würden die Menschen nicht so bedenkenlos in der Weltgeschichte herumfliegen. Eine der zentralen Ideen der Alpen-Initiative ist es ja, den Transitverkehr auf die Schiene zu verlagern. Es ist vielen nicht bewusst, wie zahlreich die unsinnigen Transporte sind wie beispielsweise dieses Mineralwasser, das von den 20’000 km entfernten Fidschiinseln nach Europa gebracht wird. Die Umwelt muss uns und den kommenden Generationen doch wichtiger sein als all die persönlichen Vergnügungen.

Bei der Abstimmung zur zweiten Gotthardröhre 2016 habe ich gemerkt, dass viele Leute – auch in meinem Umfeld – gar nicht mehr recht wussten, was die Alpen-Initiative ist. Damals, 1994, war das anders, da wurde viel breiter diskutiert. Aber immerhin hat die NZZ im Abstimmungskampf 2015 eine Illustration benutzt, die ich 1994 für das Abstimmungsbüchlein der Alpen-Initiative gemacht hatte.»

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